Pikler-Pädagogik im Kindergarten

Wenn es um pädagogische Konzepte im Kindergarten geht, kann man unter anderem auch auf die Pikler-Pädagogik verweisen, die auf Emmi Pikler zurückgeht und bereits in den 1930er-Jahren aufkam. Damals galt dieser Ansatz als fast revolutionär und war ein Meilenstein auf dem Gebiet der Frühpädagogik. Mittlerweile hat sich viel getan, aber die Pikler-Pädagogik hat nach wie vor Bestand und dient in so manchem Kindergarten als Leitfaden für die Betreuung und Erziehung der Kinder.

Pädagogische Fachkräfte und Eltern haben gleichermaßen Interesse an der Pikler-Pädagogik und sollten im Bedarfsfall wissen, was es damit auf sich hat. Mütter und Väter, die nach dem richtigen Kindergarten für ihren Nachwuchs suchen, sollten sich mit dessen pädagogischen Konzept identifizieren können und daher gegebenenfalls um die Besonderheiten der Pikler-Pädagogik wissen. Von Erzieher/innen, die in einer entsprechenden Einrichtung tätig sind, kann man ohnehin fundierte Fachkenntnis erwarten, schließlich obliegt es ihnen, die Grundsätze der Pikler-Pädagogik im Kindergartenalltag zu befolgen.

Die Grundsätze der Pikler-Pädagogik

Unabhängig von der jeweiligen Ausgangssituation ist es wichtig, die Grundsätze der Pikler-Pädagogik zu kennen. Emmi Pikler sah viele Erziehungsversuche als nicht angemessen an und erkannte darin vielmehr Maßnahmen, die der kindlichen Entwicklung im Wege standen. Durch die Erforschung der Natur der kindlichen Entwicklung erkannte sie das enorme Potenzial, das in jedem Kind steckt.

Das Ziel der Pikler-Pädagogik ist es seit jeher, dieses Potenzial auszuschöpfen und den natürlichen Ausdruck von Kindern zu erhalten. Auf diese Art und Weise sollen die Kinder zu selbständigen und gesunden Menschen heranwachsen. Damit dies gelingt, setzt die Pikler-Pädagogik vor allem auf einen engen Bezug zur Natur. Geht dieser verloren, entwickelt der Mensch ein gestörtes Verhältnis zu seiner Umwelt und auch sich selbst.

Die Pädagogik nach Emmi Pikler wollte damals neue Wege gehen und nahm Abstand von Altbekanntem. Stattdessen wurden die folgenden Elemente zum Kern des pädagogischen Ansatzes der Pikler-Pädagogik:

  • Pflege und Kommunikation
    Die erste Säule der Pikler-Pädagogik kombiniert die Pflege mit der Kommunikation. So soll bei alltäglichen Dingen wie dem Baden, Ankleiden oder Füttern die Beziehung durch einen liebevollen Umgang gepflegt werden. Zudem handelt es sich um Gelegenheiten zur Kommunikation, die so wichtig ist für die positive Entwicklung des Kindes.
  • Bewegungsentwicklung
    Haltungsprobleme und motorische Defizite sind Beispiele für die möglichen Folgen einer unzureichenden Bewegungsentwicklung. Diese sollte schon früh gefördert werden und schafft die Basis für Eigenständigkeit. Das autonome Potenzial des Kindes kann sich hier aber nur entwickeln, wenn ihm dafür Zeit und Raum gegeben werden. So sollte man sich nicht unter Druck setzen lassen, weil das Kind beispielsweise noch nicht läuft, obwohl andere Kinder in diesem Alter bereits so weit sind. Die Pikler-Pädagogik vertritt die Ansicht, dass die Kinder ein eigenes Tempo im Bereich der Bewegungsentwicklung haben, das ihnen auch unbedingt zugestanden werden sollte.
  • Freies Spiel
    Zuhause und auch im Kindergarten muss nicht jedes Spiel pädagogisch wertvoll sein und einem didaktischen Konzept folgen. Kinder sollten Kinder sein dürfen und sich dementsprechend frei entfalten können. Genau aus diesem Grund legt die Pikler-Pädagogik besonderen Wert auf das freie Spiel.

Reizüberflutungen durch unterschiedlichste Spielzeuge und Aktivitäten haben in der Pikler-Pädagogik keinen Platz. Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Pikler-Kindergarten spielzeugfrei ist. Es kommen vielmehr nur ausgewählte und pädagogisch wertvolle Spielzeuge zum Einsatz, die der kindlichen Entwicklung nicht im Wege stehen, sondern die frühkindliche Entwicklung fördern. Insbesondere die Beschränkung auf wenige Spielzeuge und kommunikative Aktivitäten prägen den Alltag in einem Kindergarten, der der Pikler-Pädagogik folgt.

Die Geschichte der Pikler-Pädagogik

Als Begründerin und Namensgeberin der Pikler-Pädagogik gilt die ungarische Kinderärztin Emmi Pikler. Bei der Erziehung ihres ersten Kindes setzte sie vor allem auf Freiheit und Geduld und gewährte ihm eine Entwicklung im eigenen Tempo. Daraus entwickelte sich ein für die damalige Zeit neuartiges Erziehungskonzept, denn damals waren Autorität und Strenge die allgemeinen Maßstäbe der Kinderpflege. Inspiriert von der Arbeitsweise einiger anderer Pädagogen begründete Emmi Pikler schließlich die Pikler-Pädagogik, deren Geschichte somit bis in die 1930er-Jahre zurückreicht.

Mit dem Pikler-Institut entstand dann Mitte der 1940er-Jahren in der ungarischen Hauptstadt Budapest ein Säuglings- und Kinderheim. Die Aufnahme von Kindern, die nicht in ihren Familien aufwachsen konnten, war und ist eine zentrale Aufgabe des sogenannten Loczy. Darüber hinaus nutzte Pikler das Institut ebenfalls zur Erforschung der frühkindlichen Entwicklung sowie zur Ausbildung. Bis heute finden dort Lehrgänge auf dem Gebiet der Pikler-Pädagogik statt, die seit den 1990er-Jahren international mehr Anerkennung erhält.